Der Essay als Form der Medientheorie – Max Benses essayistische Medienreflexionen, von Christoph Ernst

2016 lautet das Thema für alljährliche Tagung der Gesellschaft für Medienwissenschaften (GfM) „Kritik“. Ich verpasste die komplette Veranstaltung, und versuchte mir daher im Nachhinein die Vorträge verschriftlicht zu besorgen, deren Inhalt ich für ganz besonders relevant hielt – natürlich gerade im Hinblick auf meine Forschung. Ein wirklich herausragender Aufsatz stammt von Christoph Ernst (Uni-Bonn), den dieser mir freundlicherweise als „Trost“ zukommen ließ. Er versucht den Essay aus der medienwissenschaftlichen Theorie heraus zu greifen zu bekommen (siehe LINK), und in diesem Aufsatz ist Ernst gewillt, den hierzulande gar nicht so sehr geläufigen Philosophen und Schriftsteller Max Bense heranzuziehen. Bense ist Vertreter des Rationalismus, welche die Trennung zwischen geistes- und naturwissenschaftlichem Denken aufheben möchten. Nun kann man sich fragen, wie ein Rationalist mit dem Essayismus in Verbindung gebracht werden kann.

Ernst leitet ein, dass er essayistisch über die Medien nachdenken möchte, um auf die weise zu überprüfen, ob sich „[…] so etwas wie eine philosophische Frage der Medien entwickelt hat. Ich möchte dies tun, indem ich darauf aufmerksam mache, dass beide Fragen in einer spezifischen Variante von essayistischem Diskurs zusammenfinden: Eine wichtige Schnittstelle, in der eine Explikation methodischer Aspekte geleistet wird, liegt im Diskurs über den Essay – also auf Achse der Selbstreflexion der Essayisten auf ihre eigene literarische Arbeit und damit auch: ihre eigene mediale Praxis.“

Als textliche Grundlage zieht Ernst den Text Der Essay und seine Prosa von Bense heran. Diesen bezeichnet er als der wichtigsten Essay über den Essay, welcher aber vermutlich von Adornos Der Essay als Form die Schattenseite erfuhr. Auch Bense umschreibt den Essay als einen „[…]  diskursiven Grenzfall zwischen Literatur (bzw. Kunst) und Philosophie (bzw. Wissenschaft). (vgl. Ernst 2005, Zima 2012: 1- 34). Scharfsinnig bemerkt Ernst, dass für Bense der Essay die Gegenseite der Abhandlung darstellt, und durchaus einen eigenen Charakter innehat, etwas Eigenständiges, wobei wir wieder bei der „Dritten Bedeutung wären“, von der neben Adorno auch Arnold Hauser, Roland Barthes oder Minh-hà sprechen.

Ernst schlussfolgert dass die essayistische Methode vermutlich eine Art fragendes Denken sein könnte, in dem im Essay die Frage selbst noch gefunden wird. Dieses Denken ist mit einer Praxis des konfigurativen Anordnens gleichzusetzen, in der sich die Eigendynamik des Denkens operativ als eine Frage des Mediums stellt.

LINK zum Text

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KÜNSTE DEKOLONISIEREN: Trinh T. Minh-ha in Berlin

Am 4.12. hält Trinh T. Minh-ha (Theoretikerin, Autorin, Komponistin, Filmemacherin, Essayistin, Berkeley) an der UDK Berlin einen Vortrag im Rahmen einer Ringvorlesung. Dieser trägt den Namen „Resonance, Resistance and The Creative Everydayund findet im Rahmen des Artistic Research-Kollegs „Das Wissen der Künste“ statt.

Moderation: Annika Haas

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Termin: 4.12. /// 18-20 Uhr

Ort: Universität der Künste Berlin /// Raum 158

Weiterführende Informationen: LINK

Chris Marker und das audiovisuelle Archiv, eine Dissertation von Oliver Mayer

In seiner Dissertation von 2016 an der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften des Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die nebenbei Sven Kramer mit betreute (Autor von Der Essayfilm, zusammen mit Thomas Tode), nimmt sich Mayer einer komparatistischen Analyse zweier Filme Markers an, um anhand dieser die äußerst tiefe Reflexionsarbeit des Filmemachers hervorzuheben. Dies vollzieht Mayer, indem er Theorien von Walter Benjamin und Aby Warburg mit einbezieht, was sich im Verlauf der Arbeit, als eine wohl choisierte Maßnahme zeigt.

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Besonders stark sind immer wieder die Versuche, Markers Verknüpfungstechnik nachzuvollziehen, sie zu dechiffrieren. Eine der wirklich lesenswerten Forschungsarbeiten zu Marker, der – in ähnlicher Qualität – hoffentlich noch weitere Arbeiten folgen werden.

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